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Engagement-Reise (Kopie)

Unseren Kollegen Philipp Morath kennen viele von euch und Ihnen zum Beispiel vom Beteiligungsprojekt #0711wohnzimmer der Bürgerstiftung. In aller Kürze: Hier ist er gemeinsam mit Netzwerkpartnern samt Sofa, Teppich und Regalen an verschiedene Plätze in Stuttgart getourt. In den Pop-Up-Wohnzimmern kamen er und weitere Moderatoren mit Jugendlichen ins Gespräch.

Nun hat Philipp die Wohnzimmertür weit geöffnet, um auf einer großen Tour durch Südamerika über den Teller- pardon, über den Kesselrand zu schauen. Er besucht zum Beispiel ein Mütterzentrum in Buenos Aires, eine Obdachlosenunterkunft in Montevideo und berichtet von einer Aktion “Sauberer Strand”. Schon vor der Abreise hat er an Mitbringsel gedacht: Welche Arten des Engagements erlebe ich? Welche Erkenntnisse kann ich in Stuttgart einbringen? Gibt es Gemeinsamkeiten von Engagierten in Stuttgart und Lateinamerika?

Jede Woche erzählt Philipp hier an dieser Stelle eine weitere Engagementgeschichte aus Lateinamerika. Daher übergeben wir ihm nun auch ganz schnell das Wort – mit einem Zitat, mit der er selbst seine Reiseplanung untertitelt hat:

Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße.
— Martin Walser (Schriftsteller)

Teil V - Die Seele Argentiniens

Ich komme mit der Fähre an und werde im Hafen mit einer riesigen Fahne begrüßt: Celeste, Weiß, Celeste. In der Mitte eine goldene Sonne. Meine Zeit in Uruguay geht damit zu Ende und es zieht mich über den Rio de la Plata in die Hauptstadt Argentiniens. In Buenos Aires werde ich einige Tage alleine verbringen, bis ich einen argentinischen Freund am Flughafen abhole, um mit ihm in Richtung Rosario weiterzuziehen. Ich habe mir im Vorhinein schon ein Hostel gebucht, welches auch mein erstes Ziel sein soll. 

Doch zunächst möchte ich Geld abheben, was in Argentinien aufgrund unterschiedlicher Wechselkurse zur Herausforderung wird. Neben dem offiziellen Wechselkurs, gibt es einen inoffiziellen Wechselkurs, welcher einem in etwa doppelt so viele Pesos für einen Euro verspricht als der Offizielle. 100 Euro sind zu diesem Zeitpunkt nach offiziellem Wechselkurs 18, nach inoffiziellen 36 Tausend Pesos. Der größte Schein ist 1.000 Pesos. Wer über das Lesen dieses Textes hinaus die Motivation findet, die Inflation in Argentinien zu beobachten, kann ja mal nachschauen, was der Peso „heute“ in Euro wert ist. 

Obenstehende Einsicht erlange ich aber erst im weiteren Verlauf meiner Reise, sodass ich mit frischen Banknoten vom Automaten (nach offiziellem Wechselkurs) ausgestattet im Hostel ankomme und beim Bezahlen feststellen muss, dass Argentinien gar nicht so viel günstiger ist als Deutschland. Sei´s drum, denke ich mir und lege erst mal meine Sachen ab und gönne mir die lang ersehnte Dusche. 


Frisch geduscht gehe ich dann in den Gemeinschaftsraum des Hostels um mich etwas von den Strapazen der Reise zu erholen. Dort begrüßt mich ein dunkelhaariger, untersetzter Mann mit Bart. Ich schätze ihn auf Anfang 40. Und wie so oft auf meiner Reise komme ich mit dem Fremden ins Gespräch. Und wie so oft ist eine seiner ersten Fragen, wo ich herkomme. Die Menschen sehen mir an, dass ich nicht in Südamerika geboren bin. Gleichzeitig verwundert sie, dass ich „Argentino“, also Argentinisches Spanisch, spreche. Julián fragt mich nach dem Grund dafür. Ich erkläre ihm, dass ich in Spanien mit Menschen aus Uruguay und Argentinien zusammengewohnt habe und mir dort meinen „Dialekt“ angewöhnt habe. Außerdem erkläre ich ihm, dass mir Argentino sehr gefällt, da (Achtung: Lautschrift) „ll“ und „y“ nicht wie im Spanischen als „j“, sondern als „sch“ ausgesprochen werden. Und das kenne ich gut aus meinem Schwarzwald-Dialekt, dem Alemannisch. 

Beim „Selva Negra“ (Schwarzwald) wird Julián hellhörig. Und ich finde auch schnell heraus warum. Er erklärt mir, dass er deutsche Vorfahren jüdischer Herkunft hat, die während des zweiten Weltkriegs emigriert sind. Seine Uroma, so erzählt er weiter, stammt seines Wissens nach aus dem Selva Negra. Er bittet mich um einen Moment Geduld, verlässt den Raum und ich höre ihn in seinem Rucksack herumkramen. Er kehrt wieder mit einer Papiermappe, aus welcher mit Eselsohren versehene Blätter herausgucken. Ich bin sehr gespannt, was nun kommt. 

Julián hat Ahnenforschung betrieben und ist dabei über Facebook mit einer Großcousine aus Stuttgart in Kontakt getreten. Diese hat ihm ein Buch zur Familiengeschichte inkl. Stammbaum zukommen lassen. Seine Augen schimmern freudig beim Erzählen, wobei er es sich nicht nehmen lässt hin und wieder an seinem Mate zu ziehen. Es folgt eine nicht ganz unkomplizierte Erläuterung zu seiner Herkunft. Er wusste bereits zuvor, dass er mit dem ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Filbinger verwandt ist. Sein Vater und Opa waren bzw. sind auch Diplomaten, erzählt er mir und zeigt dabei auf den etwas vergilbten Stammbaum. Dann fahren seine Finger zu seiner Urgroßmutter, wo in kleinen Buchstaben Glottertal als Geburtsort eingetragen ist. Sappalot! Seine Uroma kommt also aus dem Schwarzwald… Und er hat sogar ein Schwarz-Weiß-Bild in seiner Mappe, auf welchem besagte Frau vor dem Hintergrund eines der mir so bekannten Täler zu sehen ist. 

Nachdem wir die Ahnenforschung hinter uns lassen, tauschen wir uns über unsere Berufsleben aus. Julián ist studierter Rechtswissenschaftler und hat sich dann im Bereich des Systemischen Coachings weitergebildet. Zwischenzeitlich bildet er in diesem Bereich selbst aus. Seine Leidenschaft liegt in diesem Kontext bei „Konstellationen“, sagt er mir. Hierbei werden Systeme über Gegenstände oder Personen verbildlicht, erklärt er mir. Da ich noch nicht ganz verstehe, bitte ich ihn mir ein Beispiel zu geben. Und so fängt er an, über sein aktuelles Projekt zu sprechen. 

Derzeit tourt Julián durch mehrere Argentinische Städte um Konstellationen durchzuführen. Seine Leitfrage ist dabei, wie es derzeit gesellschaftlich um Argentinien steht. Und so führt er immer wieder Gruppen an Menschen zusammen, die dann — ähnlich wie in einem Rollenspiel — unterschiedliche Perspektiven auf das Land einnehmen. So verkörpert eine Person bspw. die Natur, Menschen die im Ausland leben, die indigene Bevölkerung Argentiniens usw.. Die Teilnehmenden denken sich in die jeweilige Perspektive herein und dann werden unterschiedliche Themen besprochen:


Bspw. Die wirtschaftliche Lage und natürlich die Inflation. Ich frage Julián wie er Teilnehmende für sein Projekt gewinnt und bin überrascht als er mir antwortet, dass er bis hierhin immer mehr Interessenten hatte, als Plätze für die Workshops. Woran das seiner Meinung nach liegt, möchte ich natürlich wissen. Seine Antwort überrascht mich: „Viele Argentinier:innen sind so unzufrieden mit der aktuellen Situation, dass sie daraus Motivation schöpfen, darüber zu sprechen.“ Das sei dann so etwas wie ein Ventil und helfe den Menschen gleichzeitig die aktuelle Situation besser zu verstehen und über Lösungen nachzudenken. 

Vielmehr ist die Seele Argentiniens krank. Argentinien leidet an einem kollektiven Trauma
— Julián

Ich möchte noch einen Schritt weitergehen und frage ihn, welche Erkenntnisse er bis hierhin mit dem Projekt hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage Argentiniens gewonnen hat. Und wieder überrascht mich seine Antwort. „Weißt du Philipp, es ist nicht so, dass unsere Wirtschaftwissenschaftler:innen dümmer sind als eure. Vielmehr ist die Seele Argentiniens krank. Argentinien leidet an einem kollektiven Trauma“. Weiter erklärt er, dass es einen stark ausgeprägten Individualismus im Land gebe. Alle wollten Messi oder Maradona sein. Es mangele an geteilten Werten, was eine Politik mit Weitsicht erschwere. Die Menschen trauten sich hierzulande gegenseitig nicht und es fehle auch an Vertrauen in die Institutionen. Und das schmerze tatsächlich auch jeden Einzelnen. Abschließend sagt Julián mir: „Die Wirtschaft Argentiniens ist ein Spiegel, in welchem wir uns selbst ins Gesicht schauen können“. 

Mir kommt das „Sozialkapital“ in den Sinn — ein politikwissenschaftlichen Ansatz, der auch in der Arbeit der Bürgerstiftung Stuttgart eine wesentliche Rolle spielt. Zutrauen in die Menschen, die Gesellschaft und ihre Institutionen zu mehren, das scheint mir obergeordnetes Ziel unserer Stiftung zu sein. Und das Gespräch mit Julián zeigt mir, dass das ein wichtiges Ziel bleibt. 



Teil IV - El Refugio

Ich bin in Montevideo, der Hauptstadt Uruguays. Hier habe ich Freunde aus meiner Zeit in Spanien, die ich besuche und die mich gastfreundlich aufnehmen. Guillermo hat dankenswerterweise bei seiner Mutter eine Matratze abgeholt, auf der ich nächtigen darf. Seine Wohnung liegt an den Ramblas von Montevideo, die mit ihren kreischenden Loros tatsächlich an Barcelona erinnern, nur dass sie entlang des Atlantiks führen und nicht auf das Mittelmeer zu.  


Uruguay wird von Europäern oft als südamerikanische Schweiz bezeichnet, was ganz sicher nicht an ähnlich bergigen Landschaften liegt. Das Land ist geprägt von grasigen Weiten, auf denen man nicht selten Rinder grasen sieht. Hierzulande gibt es mehr Vieh als Einwohner, was wohl schon eher eine Parallele zur Schweiz sein dürfte. Vor allem aber ist Uruguay für südamerikanische Verhältnisse ein reiches Land. Das Lohnniveau ist verhältnismäßig hoch, sodass Guillermo zum Urlaub machen gerne nach Argentinien fährt. Die Gründe könnten ähnlich sein, wie die, die Schweizer:innen in den Schwarzwald bringen, denke ich mir. Und tatsächlich ist das Preisniveau in Uruguay so hoch, dass sich auch für mich mit Euros auf dem Bankkonto das Essengehen als Alltagsluxus gestaltet. 

Ich erzähle Guillermo von meinem Blog und er begreift, dass es im Großen und Ganzen um soziale Projekte geht. Er empfiehlt mir einen Bekannten, der “etwas soziales” arbeitet. Bis heute kenne ich nur seinen Spitznamen und nicht seinen vollen Namen – ein Phänomen, was mir schon öfter vorgekommen ist, denn Freunde von Freunden kenne ich ganz häufig nur unter Spitznamen. “Cachito” wird der Freund genannt, den ich kontaktieren soll. Ich stelle mir also einen kleinen Menschen vor, denn Cachito meint so viel, wie “halbe Portion”. 

Ohne große Umschweife nehme ich Cachito eine Sprachnachricht auf und erzähle ihm darin von mir, meiner Reise und von meinem Blog. Nur wenige Minuten später erhalte ich Antwort. Mit freudiger Stimme erzählt er mir, dass er für das Sozialministerium in einem “Refugio” arbeitet und dass er gerne mit seiner Chefin klärt, ob ich vorbeikommen kann, um die Einrichtung kennenzulernen. 

Bereits am nächsten Tag haben wir uns verabredet. Ich fahre mit dem Fahrrad in das etwas außerhalb gelegene Viertel und merke, dass entsprechende Infrastruktur auch in Uruguays Hauptstadt Entwicklungsfeld ist. Angekommen, schüttle ich zunächst die Ängste der Straßen ab und erblicke dann eine alte Villa, die ihre besten Tage sicherlich hinter sich hat und deren Tor am oberen Ende mit Stacheldraht gedeckt wird. Hier bin ich mit Cachito verabredet, um seine Arbeit kennenzulernen. Und ich warte nur wenige Minuten, da fasst mir auch schon jemand von hinten auf die Schulter und begrüßt mich mit breitem Grinsen: Ein junger Mann, Mitte 20, mit dunklen Haaren, Kurzhaarfrisur, kurzer Hose und Rammstein-T-Shirt, welches er, so wird er mir später erzählen, extra angezogen hat, weil die Band ja aus Deutschland stammt. 


Cachito schließt das Tor auf und wir treten ein. Er rät mir, mein Fahrrad mit reinzunehmen und ohne Umschweife beginnt er mir zu erzählen. Es ist 17.30 Uhr und Cachito erklärt mir, dass die “clientes” erst um 18.00 Uhr hereinkommen dürfen, sodass wir noch etwas Zeit haben, um zu quatschen und das Gebäude zu besichtigen. Er führt mich in ein kleines Büro, in dem wir zunächst Platz nehmen. Er eröffnet mir, dass es sich bei dem "Refugio" um eine Unterkunft für wohnungslose Männer handelt. 

Die Männer können hier die Abende und Nächte verbringen, bekommen etwas zum Abendessen und müssen die Einrichtung am Morgen dann wieder verlassen. Die alte Villa bietet Nacht für Nacht 40 Männern einen sicheren und wettergeschützten Schlafplatz. Von diesen 40 Männern sind 35 dauerhaft registriert, sodass Cachito die meisten der Männer bereits gut kennt. Seit zwei Jahren macht er diesen Job – seitdem er mit dem Studium fertig ist, erzählt er mir. Und er führt mich durch das Haus. Der Eingang führt über eine kleine Steintreppe in ein Wohnzimmer, in welchem ein etwas abgerocktes Sofa gegenüber eines kleinen Fernsehers steht. Den Gang entlang gibt es rechter Hand vier Schlafzimmer, in denen jeweils fünf Stockbetten stehen. Am Ende des Gangs führt eine Tür in einen kleinen Hinterhof, in welchem Wäscheleinen, gesäumt von rissigen Bettlaken, hängen, ein kleiner Schuppen steht und zu meiner Überraschung ein kleines Gemüsebeet verschiedenen Pflanzen Lebensraum bietet. Ich frage, was die Männer tagsüber so machen und Cachito zuckt mit den Schultern. 


Und ehe ich mich versehe, schlägt es sechs und Cachito schaut mir in die Augen und sagt: “Hab keine Angst. Einige von den Jungs sind zwar sehr direkt, aber sie sind alle ganz lieb und würden Menschen, die etwas mit dem Refugio zu tun haben, niemals etwas antun”. Angst hatte ich vor allem auf dem Fahrrad, aber danach nicht mehr. Doch nun regt sich da wieder was. 


Einige Männer warten schon vor dem Tor, als Cachito auf schließt. Die hereintretenden Männer begrüßen Cachito herzlich. Ein jüngerer Mann Mitte 30 beäugt mich von weitem schon interessiert. Er tritt auf mich zu und streckt mir seine Hand hin. Ich gebe ihm meine Hand und stelle mich vor, sage ihm, dass ich aus Deutschland komme. Er erwidert darauf, dass Hitler ja auch aus Deutschland kam und fragt mich, ob ich wisse, dass Hitler nur einen Hoden hatte. Darüber hinaus lässt er mich wissen, dass er hofft, dass ich nicht so schlimm sei wie Hitler. Der Mann heißt Carlos. 

Es vergehen einige Minuten und die Männer schwärmen in der Einrichtung aus. Die meisten begeben sich erst mal in die Schlafzimmer und krusteln in ihren Tüten und Rucksäcken. Außerdem werden erstmal die Smartphones an die Mehrfachsteckdosen verfrachtet. Ich setze mich zu ein paar Männern im Hof. In direkter Nähe schraubt ein älterer Mann, Hugo ist sein Name, an einem in die Jahre gekommenen Gasherd rum. 

Ein Mann namens Diego setzt sich neben mich und möchte wissen, ob ich Fußball mag und welchem Verein ich mein Herz geschenkt habe. Er schielt etwas durch seine dicken Brillengläser. Die anderen Männer um uns herum werden leiser. Ich merke, wie die Aufmerksamkeit beginnt, sich auf mich zu fokussieren. Ich erzähle vom SC Freiburg, doch weder Stadt noch Verein sind den Männern bekannt. Bayern und Dortmund kennen sie… Dann geht es um die beiden konkurrierenden Clubs von Montevideo. Die Männer wollen wissen, ob ich “Nacional” oder “Peñarol” bevorzuge. Dass ich keine Meinung in der Causa habe, scheint die Männer zu verwirren. Und ich werde in den nächsten Minuten sehen, warum…

Im Anschluss werden die Vorzüge und vergangenen Meisterschaften der jeweiligen Clubs ausführlichst debattiert. 

Daraufhin spreche ich noch länger mit Carlos, Diego und Hugo. Carlos zeigt sich sehr interessiert an Europa und dem Leben dort. Er fragt mich beispielsweise, ob es wahr ist, dass in Belgien oder in den Niederlanden – das weiß er nicht ganz genau – gratis Drogen ausgegeben werden an die Menschen. Er erzählt mir von vielen seiner Tattoos und seiner Zeit im Gefängnis. Diego schielt etwas und lächelt dabei. Er erzählt mir lang und ausführlich von seiner Zuneigung zu Rammstein und scheut auch nicht davor zurück, mir etwas vorzusingen. Hugo ist im Vergleich viel ruhiger und möchte wissen, wie ich in Deutschland mein Geld verdiene. Außerdem erzählt er mir von seinen Vorfahren, die vor dem Nazi-Regime aus Deutschland flohen. Mir fällt auf, dass seine Arme etwas zu lang sind im Vergleich zu seinem restlichen Körper. 

Die Männer lachen viel und wirken auf mich sehr gut gelaunt. Einer hat Geburtstag. Die Gruppe möchte zur Feier Pizza backen, in dem Gasherd, den Hugo gerade repariert hat. Ich ergreife die Chance und verabschiede mich, denn zwischenzeitlich haben mich die Eindrücke müde gemacht. Ich gehe jedoch nicht, ohne mich für den nächsten Tag nochmal mit Cachito zu verabreden. Mich wurmt eine Frage: Die meisten der Männer wirken auf mich geistig oder körperlich eingeschränkt. Ich frage mich, ob das Zufall ist bzw., was dahinter steckt. 


Am nächsten Tag sehe ich Cachito in einer Bar und wir plaudern über meine Beobachtungen. Er weiß viel über die Lebenswege der einzelnen Männer. Ich frage ihn, was es mit den Handicaps der Männer auf sich hat und er erklärt mir, dass es in Uruguay oft so ist, dass man auf der Straße landet, wenn man erstens keinen Abschluss hat und deshalb keinen Zugang zum Arbeitsmarkt findet und zweitens keine Familie da ist, die einen versorgt. Und oft fielen eben gerade Menschen mit Einschränkungen durch das Netz, erklärt er mir. Ich befrage ihn zu den Leben von Carlos, Diego und Hugo, die mir am besten in Erinnerung blieben. Carlos hat seines Wissens nach eine bewegte Drogenkarriere hinter sich. Diego und Hugo hatten Polio als Kinder und haben deshalb keine Abschlüsse und landeten auf der Straße. An einem gut ausgebauten Bildungsweg für Menschen mit Handicaps scheint es in Uruguay genauso zu fehlen wie an der Fahrrad-Infrastruktur. 

Nachdem wir uns verabschieden, frage ich mich, wie es wohl in ähnlichen Einrichtungen in Deutschland aussieht und ob die Geschichten der Menschen sich wohl ähneln. Und in den nächsten Tagen und Wochen meiner Reise werde ich noch viele Obdachlose sehen. Oft  werde ich dabei an Carlos, Diego und Hugo denken... 


Teil III - Día de Limpieza​

Ich gehe an schier endlosen Stränden entlang. Meine Füße tragen mich immer weiter in Richtung Süden. Die Wellen rauschen in Richtung Strand und laufen sich in immer neuen Rundungen und mit weißem Saum aus. Bis auf einen Pferdewagen mit zwei freundlichen, braun gebrannten Uruguayos sowie hie und da mal Möwen und andere – mir unbekannte – Vögel ist mir, seit ich das Städtchen Punta del Diablo am Morgen verließ, nichts und niemand über den Weg gelaufen. 

In Punta del Diablo habe ich als letztes eine abgelegene Villa mit Leuchtturm gesehen. Seinerzeit hatten sich dort Vertreter des argentinischen Führungskaders der Militärjunta getroffen. In den Sommermonaten ist es im Osten Uruguays wohl besser auszuhalten als in Buenos Aires. Von den lokalen Fischern ließen sie lebende Haie fangen. Die Tiere sollten dann vor besagter Villa in einem mit Meerwasser gefüllten Pool umher schwimmen, während sich die Herrschaften mit Champagner die Hucke vollsaufen. Zumindest schilderte mir Hugo, mein Vermieter der vergangenen Nacht, das so. Es war viel Wut in seiner Stimme. 








Nachdem ich eine Woche bei einem Freund in Punta del Este verbracht habe, um etwas in Uruguay und in Südamerika anzukommen, juckte es mir in den Fingern. Oder in diesem Fall vielleicht besser: in den Zehen. Ich habe mir nämlich vorgenommen, 120 Kilometer von Punta del Diablo im Norden – immer an den Stränden entlang – nach Faro José Ignacio, weiter südlich gelegen, zu laufen. Währenddessen und im Nachhinein sollte sich herausstellen, dass das ein ungewöhnliches Abenteuer in den Augen der Locals ist..

Jedenfalls waren diese Tage so einsam, wie man sich das beim Lesen nun vielleicht vorstellt. Doch ein Zeichen menschlicher Zivilisation (oder unseres Mangels an Zivilisation), begegnete mir immer wieder: Plastikmüll. Große Mengen an Plastikflaschen, -tüten, Fischernetzen usw. sammeln sich offensichtlich auch an den Stränden dieses Teils der Welt. Auf 30 Kilometer Strecke sah ich an besagtem Tag fünf Müllfelder, welche augenscheinlich aufgrund der Topografie einerseits und dem Gezeitenwechsel andererseits im Zeitverlauf “entstehen”. 



Ich war nicht sonderlich überrascht. Erwartet hatte ich das aber auch nicht – vielleicht naiv, ich weiß es nicht. Jedenfalls machte mich der Umstand, dass diese vermeintliche Abgeschiedenheit mit Müllfeldern konterkariert wird, immer wieder etwas traurig und nachdenklich – glaube ich doch zu wissen, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. 

Am Abend traf ich in “Valizas” auf Ro. Er betreibt ein buntes, man könnte sagen, extravagantes Hostel in diesem Dörfchen am Meer, das mir ein Freund ein paar Tage zuvor bereits als “muy hippie” ankündigte. Die Hochsaison des Tourismus beginnt erst im Dezember, ich bin also der einzige Gast im Hostel “Lo do Ro” und so scheint Ro Zeit zu haben. Er wirkt auf mich so extravagant wie das Gebäude. Er ist groß und schlaksig, durchaus sportlich und trägt ein gelbes Shirt sowie eine breite, bunt-verspiegelte Sonnenbrille. Wir kommen ins Gespräch und ich frage ihn, wie er zu diesem Hostel kam.



Ro kommt eigentlich aus Montevideo, ist studierter Jurist und das Grundstück, auf dem heute sein Hostel steht, fiel ihm im Wege einer Erbschaft in den Schoß, denn den Verstorbenen kannte er, gemäß eigenen Angaben, gar nicht. Seinerzeit wusste er nicht, was anzufangen mit seinem Leben, sodass er – fragt mich nicht wie –  auf die Idee kam, einen Campingplatz auf dem Grundstück zu eröffnen. Noch nie hatte er gecampt in seinem Leben, erzählte er mir und lachte dabei laut aus. Nach einiger Zeit begann er mit der Hilfe von Freiwilligen, die gegen Kost und Logie mit anpackten, ein Haus zu bauen. Über zehn Jahre ist das Haus nun im Bauprozess und man merkt, dass es “organisch” gewachsen ist und weiter wächst. Auch während meines Aufenthalts sind fünf junge Menschen als “Voluntarios” da und streichen, sägen, putzen, waschen usw. 


Er fragt, was ich in Deutschland so treibe und ich erzähle von der Bürgerstiftung und versuche unsere Arbeitsweise anhand des Plaudertelefons zu verdeutlichen. Er hört mir so aufmerksam zu, dass ich das Gefühl bekomme, dass er in etwa versteht, was ich da versuche zum Ausdruck zu bringen. Ich erkläre, dass das Fundament unserer Arbeit das bürgerschaftliche Engagement ist, dass sich Menschen für etwas oder jemanden einsetzen, um die Welt vor Ort etwas lebenswerter zu machen – kein leichtes Unterfangen, nicht auf Spanisch und oft auch auf Deutsch nicht. 

Er erzählte mir im Anschluss vom “Día de Limpieza”, den er zweimal jährlich organisiert. Ins Schwäbische übersetzt also “Kehrwoche”, bloß dass sie den Strand und nicht das Treppenhaus sauber machen. Über sein Netzwerk spricht er im Vorhinein viele Bekannte an und der Deal ist schnell erklärt: Die Freiwilligen kommen, packen mit an und erhalten im Gegenzug ein gemeinsames Abendessen mit anschließender Feier und gratis Übernachtung im Hostel. Ca. 20 Personen kommen regelmäßig und schwärmen dann – mit Mülltüten bewaffnet – aus, um die Dünen rundum Valizas von Müll zu befreien. 

An verschiedenen Orten entlang des Strands werden die Mülltüten gesammelt und am frühen Abend von einem Traktor eingesammelt. Die Mülltüten und der Traktor (inkl. Fahrer) werden von der Verwaltung der Region gestellt, erklärt er mir weiter. Einige Säcke an Plastikmüll behält er und reinigt ihn. In den folgenden Wochen veranstaltet Ro dann einen Workshop in der örtlichen Grundschule. Er geht dann zunächst gemeinsam mit den Schüler:innen an den Strand und erklärt dort, was Plastikmüll in unseren Weltmeeren für Folgen hat. Im Anschluss werden Teile des gesammelten Plastikmülls zu Kunstprojekten verarbeitet. Die Kunst hat dann die Verschmutzung der Weltmeere zum Thema. “Noch wichtiger, wie das der Strand sauber gehalten wird, ist mir, dass die nachfolgende Generation versteht, warum es wichtig ist, unsere Meere vom Müll zu befreien und sauber zu halten”, sagt mir Ro mit ausnahmsweise recht ernstem Gesichtsausdruck. 

Außerdem ist er in einem “Nachbarschaftsrat” aktiv, in welchem es darum geht Valizas in eine “gute” Zukunft zu führen. Ich stelle mir das vor, wie einen Bezirksbeirat, nur weniger formell. Er erzählt mir, dass in dem Gremium die Meinungen darüber, was eine gute Zukunft ist, oft weit auseinandergehen. So hatte eine seiner Initiativen, Valizas in Richtung Plastikfreiheit zu entwickeln, kürzlich keine hinreichende Unterstützung gefunden. 

Nach unserem Gespräch laufen Ro und ich gemeinsam an den Strand. Er wird mich mit seinem Kayak über die Flussmündung bringen, die ich überqueren muss, um weiter in Richtung Cabo Polonio laufen zu können. Ich hatte zuvor keine Ahnung, dass ich über einen Fluss muss… Eine Fähre gibt es nicht. Zum Laufen ist die Mündung zu tief. Glück gehabt. Und wie wir so laufen, frage ich mich, ob ein “Kehrtag - Care-Tag” nicht auch eine Idee für Stuttgart und die Bürgerstiftung wäre… 

Und nur wenige Tage später wird mir meine Mutter einen Artikel weiterleiten. Er behandelt eine UNO-Konferenz, die wenige Kilometer südlich im uruguayischen Punta del Este stattfindet. Dort kam ich zuvor bei einem Freund unter. Es ist die erste UNO-Konferenz für ein Abkommen gegen Plastikmüll. Ziel ist es, die Kunststoffverschmutzung im Meer und an Land bis zum Jahr 2040 einzudämmen1 . 

Quellen

https://www.deutschlandfunk.de/erste-uno-konferenz-fuer-abkommen-gegen-plastikmuell-104.html


TEIL II - die weltmeisterschaft

Montevideo (Uruguay)

Online-Berichterstattung

Man stelle sich vor, Robert Habeck blickt in Kameras und sagt: “Zuerst gewinnen wir die WM und dann kümmern wir uns um das Gas”. Unvorstellbar, richtig? Naja, hier in Uruguay ist mir eine Schlagzeile über den Weg gelaufen, die mir ausreichend Vorstellungskraft einflößen konnte: “Zuerst gewinnen wir die WM, danach kümmern wir uns um die Inflation”, wird die argentinische Arbeitsministerin Raquel Olmos zitiert.

Eine reißerische Schlagzeile… Also habe ich etwas recherchiert und die Ministerin sagte meinen Nachforschungen nach konkret: “Ich bin davon überzeugt, dass man die Inflation immer bearbeiten muss, aber ein Monat wird keinen großen Unterschied machen. Vom Standpunkt der argentinischen Seele her gesehen, angesichts dessen, was es für die Einstellung der Argentinierinnen und Argentinier bedeuten würde, möchten wir, dass Argentinien Weltmeister wird.” *

Dass Inflation etwas ist, das in der Lage ist, Leid zu verursachen, ist zwischenzeitlich ja nicht mehr nur Geschichtsbuchwissen – auch für meine Generation. Zur Erinnerung: Argentinien wird für 2022 voraussichtlich eine jährliche Inflation von 100 Prozent haben. Heißt konkret: Mehr oder weniger alles ist zu Silvester ‘22 doppelt so teuer, wie es noch zu Neujahr ‘22​ war. Wer sich dem der Inflation in Argentinien im Wege eines spannenden Fotoprojekts nähern möchte, dem empfehle ich das Fotoprojekt von Irina Werning. **

Ich bin derzeit in Montevideo, der Hauptstadt von Uruguay. Die Stadt strahlt derzeit in “celeste” (das Hellblau, welches die Nationalmannschaft trägt) und Uruguay-Fahnen schmücken Häuser, Autos und Menschen. Ich weiß natürlich, dass in Deutschland keine große Euphorie herrscht, im Gegenteil: Boykott-Stimmung. Keiner in meinem Umfeld hat Bock auf diese WM. Nach alledem entschließe ich mich, meine Freund:innen in Argentinien und Uruguay mit dem deutschen Diskurs und seinen Wurzeln zu konfrontieren.

Dafür übersetze ich einen Teil der Informationen aus dem SZ-Podcast "Auf den Punkt: Anpfiff in Katar: WM der Doppelmoral”. *** Katar ist ein patriarchalisches Land, als absolute Monarchie autoritär beherrscht, es gibt einen Mangel an Pressefreiheit – ganz zu Schweigen von der Menschenrechtssituation vor Ort und natürlich viele tote Gastarbeiter beim Stadionbau. Ich spreche die Informationen ein und bin am Ende bei einer Sprachnachricht von knapp drei Minuten, die ich dann an meine Freund:innen schicke.

Nachfolgend die Reaktionen – wie alles hier – frei übersetzt…
(Kleine Anmerkung: Talo war als Gastarbeiter in Quatar und arbeitete im VIP-Bereich der Stadien als Servicekraft)

Man merkt schon, dass es hier unglaublich viel Kapital gibt. Und sie tun alles dafür, dass es so wirkt, als wäre hier alles schön. Aber aus der Innenperspektive gesehen ist es ein Desaster. Quatar ist nicht gut vorbereitet auf diese Weltmeisterschaft. Die Logistik funktioniert nicht, der Einlass in die Stadien auch nicht. Und die Leute sind super faul. Der Service ist fürchterlich.
— Talo, Gastarbeiter in Quatar

Talo, Sofita, Guillermo… - insgesamt 11 Freund:innen schildern ihre persönliche Sicht und Erfahrungen
>> Alle Schilderungen hier lesen


Der Fußball und Lateinamerika… Offensichtlich ein Thema, das genug Stoff für ein Buch bietet, denke ich mir. Und wenn ich das o.g. Zitat der Arbeitsministerin in Gesprächen anspreche, fällt mir bei den Reaktionen auf, dass die Leute hier das gar nicht so verrückt finden wie ich. Und das wiederum macht das Ganze noch etwas verrückter für mich.

Aber ein Gedanke will mich nicht ganz loslassen: Schade, dass die Deutschen das mit der Binde nicht trotzdem durchgezogen haben. Hätte ein Zeichen sein können, auch nach Südamerika.

Für den nächsten Tag buche ich mir einen Bus von Montevideo nach Colonia um 16.00 Uhr. Da wird der Bus sicher leer sein, denke ich mir. Dann spielt nämlich die Celeste…


VAMOS ARRIBA


START - WIE ES ZUM DIARIO VOLUNTARIO KAM

Liebe Leser:innen,

ich bin Philipp Morath, Spitzname: Pipo, 30 Jahre alt, gebürtig aus dem Hochschwarzwald, der Ausbildung nach Moderator, Mediator und Prozessbegleiter sowie meines Zeichens Südamerikaner-Liebhaber, was nicht zuletzt meine aktuelle Reise begründete. Meine Zuneigung zu Ländern und Menschen speist sich aus meiner Zeit im baskischen San Sebastian, wo ich mit einigen Südamerikanern zusammenlebte und noch mehr kennen- und schätzen lernen durfte. Mein Spanisch ist zwar immer noch holprig, aber spätestens mit Unterstützung neuester (Google-Translator) und ältester (Hände und Füße) Medien, kann ich mir hinreichend Ausdruck verleihen. Und so reise ich derzeit durch Uruguay, Argentinien, Chile, Bolivien und Peru.

Warum ein Diario Voluntario?

Die vergangenen zwei Jahre arbeitete ich für die Bürgerstiftung Stuttgart und durfte mich vor allem im Arbeitsbereich Demokratieförderung und Bürgerbeteiligung engagieren. Bei der Durchführung verschiedener Jugendpartizipationsprozesse fand ich meine berufliche Heimat. Eine Heimat, die ich – so ist das wohl beim Reisen – auf eigenen Wunsch verlassen habe, nichtsdestotrotz aber in mir trage. Denn ich denke, dass Menschen zwar immer wieder, aus unterschiedlichsten Gründen, ihre Heimat verlassen, die Heimat aber nie ganz die Menschen verlässt. Und so trage ich den “Markenkern” der Bürgerstiftung, das Engagement von Menschen – sich also für etwas oder für jemanden einzusetzen – auch weiter in mir. 

Auf diesem fruchtbaren Boden wuchs die Idee in mir, meine Reise mit einer weiteren Mission anzureichern: dem “Diario Voluntario - Ein Reiseblog zu Engagementgeschichten in Lateinamerika”. Denn nach und nach fiel mir auf, dass es eine weitere zentrale Verbindung zwischen den Ländern Südamerikas und der Bürgerstiftung Stuttgart gibt. Diese verbindet sogar alle Gemeinschaften auf der Welt: Überall gibt es Menschen die nicht-wünschenwerte Zustände vorfinden und sich im nächsten entscheiden, etwas für den Wandel in Richtung wünschenswerte Zustände zu tun. 

Und so gesehen gibt es wohl (leider) einen endlosen Pool an Engagementmöglichkeiten. Wir merken ja gerade, wie uns die Simultanität, also das gleichzeitige Auftreten von Krisen zu schaffen macht: Corona-Pandemie inkl. gesellschaftliche Spaltung, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die zugehörige Energiekrise mit steigender Inflation und nicht zuletzt der Klimawandel, dessen Folgen sich auch bei Waldbränden zeigten und welcher sich im Schatten der erstgenannten Krisenwellen auftürmt und voranschreitet.

Von Diktatoren, 100% Inflationsrate und Brandrodung

Blicke ich nun – noch aus der Ferne – auf Chile oder Argentinien, sehe ich Länder, in welchen vor nicht allzu langer Zeit mit Pinochet und Videla Diktatoren regierten. Regierende, die gesellschaftliche Spaltung hinterlassen, so glaube ich, als Deutscher zu wissen. Ferner hat Argentinien gerade eine Inflationsrate von 100 Prozent erreicht – ein Wert, von dem wir in Europa noch weit entfernt sind. Und in Bolivien brannten 2022 (Stand: 13. September) 235.148 Hektar (Ur-)Wald nieder, was meinen Recherchen nach nicht zuletzt an Brandrodungen liegt, die Platz schaffen sollen für Flächen, die dem Export von Soja und Fleisch zuträglich sind. Zum Vergleich: Das langjährige Mittel für Waldbrände in Deutschland liegt bei 646 Hektar betroffener Waldfläche jährlich. 

So ist es Ziel des Diario Voluntario aufzuzeigen, wie Menschen in Lateinamerika den sie umgebenden Herausforderungen begegnen. Wer sind diese Menschen? Was treibt sie an? und was tun sie? Diesen Fragen werde ich mit Blick auf unterschiedlichste Herausforderungen nachspüren und euch, liebe Leser:innen, versuchen, teilhaben zu lassen. 


Ich freue mich über jede:n, der/die Interesse für diesen vielfältigen Kontinent, seine fröhlichen Menschen und last but not least meine Geschichten aufbringt. 

In diesem Sinne, seid gegrüßt, Buen Camino und Vamos Arriba

Pipo